Wiesenbader Vital-Blog

N°9 I DM Heike Junghans: Wie uns Fasten heilen kann

Heilfasten
Hallo liebe Wiesenbad-Freunde, bei chronischen Erkrankungen ist man in der Schulmedizin häufig am Limit angekommen und muss sich im Bereich der Komplementärmedizin weiterentwickeln. Das trieb auch Internistin Heike Junghans dazu an, sich als betreuende Ärztin auf den Bereich Heilfasten zu spezialisieren.

„Ich hatte schon viel übers Heilfasten gehört, was an positiven Wirkungen berichtet wurde. Durch meine Zusatzbezeichnung in der Naturheilkunde konnte ich meinen Patienten im Rahmen der Ernährung sowie Akupunktur und Schröpfen bereits gut helfen. Das Heilfasten bildet dazu aber eine Erweiterung, um die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.“

Vor etwa sechs Jahren probierte Frau Junghans das Fasten zum ersten Mal aus und war von den positiven Effekten begeistert. Seither fastet sie selbst einmal jährlich. Man merke wie leicht man sich nach der Entschlackung und Entgiftung fühle. Dabei propagiert sie vor allem das HEIL-Fasten, was auch für Patienten mit Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme als Methode infrage kommt. Ich bin überrascht, für wie viele Indikationen das Heilfasten als gute Therapieform geeignet ist. Doch dazu später mehr …

Zuerst interessiert mich brennend, wie so ein Kurs überhaupt abläuft. Sicher braucht es dafür doch eine gewisse Vorbereitung, oder? Frau Junghans erklärt, wie wichtig es ist, jeden Patienten ganz individuell zu betrachten.

„Erst einmal ist es wichtig, dass ein Arzt, der sich in dem Bereich auskennt, die Patienten einschätzt. Die Kursteilnehmer werden dazu im persönlichen Gespräch vor der Maßnahme angerufen und müssen außerdem einen Fragebogen über ihre Erkrankungen, Beweggründe sowie Medikamente ausfüllen. Vom fastenbegleitenden Arzt werden diese Angaben geprüft, um festzustellen, ob das Heilfasten als Maßnahme überhaupt infrage kommt.“

Diese Vorgehensweise ist enorm wichtig, da in Vorbereitung auf den Kurs teilweise auch Medikamente umgestellt werden müssen. Zu Kursbeginn werden die Patienten außerdem im Einzelgespräch von Frau Junghans aufgenommen und es wird gemeinsam festgelegt, was individuell hinsichtlich der Ernährung, Bewegung sowie Lebensabläufe zu beachten ist. Das Heilfasten ist ein tiefgreifender Prozess, bei dem sich der Körper umstellen muss, um die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Deshalb ist eine gute Vorbereitung unabdingbar. Neben Oberärztin Junghans und ihrem therapeutischen Team werden die Patienten über den gesamten Ablauf von einer ausgebildeten Fastenleiterin begleitet. Angefangen beim Morgentee und der Zubereitung von Basenbrühen, bis hin zu Seminaren und Bewegungstherapie an der frischen Luft ist sie die ständige Ansprechpartnerin.

„Wir stehen immer in Kontakt. Bei gesundheitlichen Problemen der Fastenden muss der Arzt unbedingt vor Ort sein. Die Fastenleiterin als auch ich sind jeden Tag im Morgengespräch zum Austausch für Anliegen und Probleme verfügbar.“

Einheitlich ans Ziel

Dass die verschiedenen Therapiebereiche beim Heilfasten eng ineinandergreifen, hat einen einfachen Grund. Neben dem freiwilligen Verzicht auf Nahrungsmittel basiert das Heilfasten auf zwei weiteren wichtigen Säulen – die Bewegung und Entspannung. Was beim ersten Lesen eher widersprüchlich klingt, erklärt Frau Junghans simpel.

„Es ist uns in die Wiege gelegt, zu fasten. In der Urzeit hatten die Menschen etwas zu essen, dann mussten sie jedoch wieder für einen langen Zeitraum fasten. Das ist uns heute abhanden gekommen. Unser Leben ist immer voll, die Regale sind immer voll und der Appetit ist groß. Wir haben eine Überernährung mit einer Mangelernährung. Wir essen zu viel, aber verarbeitete Produkte, die wenig Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Genau das beschreibt das BESINNEN im Fasten – dass man wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt. Der Körper braucht diese abwechselnden Reize: Fasten – Ernährung, Bewegung – Ruhe, Kälte – Wärme.“

Ich finde es unglaublich spannend, diese Betrachtungsweise nachzuvollziehen. Durch die schnelllebige Zeit, in der wir leben, ist es verloren gegangen, auf Signale des eigenen Körpers zu hören. Dieser Sinn soll beim Heilfasten wiedergefunden werden. So kann das Bedürfnis nach Bewegung und Entspannung bei jedem Fasten auch unterschiedlich sein – berichtet Frau Junghans aus eigener Erfahrung. Der Körper entscheidet, was er im Moment braucht.

„In meinem ersten Fasten war es so, dass ich mich zu 70% straff bewegt habe, beim dritten Mal nur zu 30%, dann war aber die Entspannung im Vordergrund. Man kann sich also im Fasten auch richtig stark belasten. Man sollte sich sogar mindestens eine Stunde draußen an der frischen Luft mit straffem Schritt bewegen. Das ist wichtig.“

Um den Körper auf den Tag vorzubereiten, spielt der Morgen eine wichtige Rolle. So ist es enorm wichtig, zuerst den Kreislauf in Schwung zu bringen. Das geht bei langsamen Bewegungen aus dem Bett los, gefolgt von Morgengymnastik an der frischen Luft, Trockenbürsten und viel trinken. Auch wenn die Morgengymnastik manchen am Anfang schwerfällt, zieht in der Gruppe einer den anderen mit. Deshalb empfiehlt Oberärztin Junghans, die Maßnahme als „Erstfaster“ immer in der Gruppe durchzuführen.

„Man merkt, dass die anderen auch Wehwehchen haben und dass jeder ein anderes Problem hat, wodurch man sich aber gegenseitig stärkt. Es ist eine sehr schöne Sache und manchem, der sich am Anfang eher schlecht gefühlt hat, geht es danach besser. Wer an dem Morgen nicht so gut drauf ist, macht seine Eigenübungen am offenen Fenster.“

Jeder Mensch hat unterschiedliche Körperreaktionen, weshalb Flexibilität eine große Rolle spielt. Durch das breit aufgestellte therapeutisch-ärztliche Team können Lösungen für individuelle Probleme aus verschiedensten Blickwinkeln gesucht und gefunden werden.

Viele Teilnehmer kommen mit Vorerkrankungen, die im Vorfeld berücksichtigt werden müssen. So beschreibt Frau Junghans das Heilfasten sogar als „Therapie der Wahl“, um die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Mit der Maßnahme soll dann natürlich auch die Bereitschaft einhergehen, generell seinen Lebensstil anzupassen. So könne man bei Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Problemen, Übergewicht, Migräne, Fettleber, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Allergien viel erreichen. Auch die Schmerzen vieler Patienten, beispielsweise Arthrose, rheumatische Erkrankungen und Morbus Bechterew könnten mit dem Heilfasten gelindert werden. Sogar Patienten mit neurologischen Erkrankungen, z. B. Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson, als auch mit bestimmten Krebserkrankungen und leichten Depressionen seien studienbasiert für das Heilfasten geeignet.

Nichtsdestotrotz gibt es auch beim Heilfasten Kontraindikationen, welche vor Antritt der Maßnahme unbedingt berücksichtigt werden sollten.

„Vom Heilfasten ausgeschlossen sind auf jeden Fall Schwangere, Kinder und Patienten, die Essstörungen hatten. Auch schwere Nieren- und Leberstörungen sind nicht geeignet, weil diese Organe ja zum Entgiften gebraucht werden. Leichte Störungen sind aber kein Problem. Deshalb prüfen wir vorher die Laborwerte. Kontraindiziert ist auch, wer schwere Entgleisungen der Schilddrüsenfunktion hat. Ebenso sind bestimmte Medikamenteneinnahmen, wie z.B. Cortison oder Blutverdünner, nicht passend für das Heilfasten.“

Oberärztin Junghans weist in diesem Zug erneut darauf hin, wie wichtig das telefonische Aufnahmegespräch vor der Maßnahme ist, um detailliert abzusprechen, welchen Krankheitsverlauf den Einzelnen betrifft. So eignet sich das Heilfasten bei leichtem Ausmaß oftmals sogar als Therapieform. Ausgeprägte Verläufe müssten zunächst in eine moderate Form überführt werden.

Immer häufiger tritt auch die Zivilisationskrankheit Diabetes in unserer Gesellschaft auf. Doch wie sieht es damit beim Heilfasten aus?

„Der Typ I-Diabetes, bei dem Antikörper in der Bauchspeicheldrüse gebildet werden, ist kontraindiziert. Typ II-Diabetes ist eine richtig gute Indikation fürs Fasten, weil dort der Grundstein für die Ernährungsumstellung gelegt wird und der Diabetes mellitus eine klassische Diagnose für das Fasten ist. Dort werden also die Magen-Darm-Organe und die Bauchspeicheldrüse resettet. Es wird alles heruntergefahren und die Patienten profitieren davon. Für sie ist es die Therapie der Wahl aus meiner Sicht. Mit dem Fasten können Medikamente eingespart werden und wenn man es regelmäßig mit Ernährungsumstellung weiterführt, kann man es sogar heilen – so würde ich es sogar behaupten.“

Ich finde es unglaublich spannend, welche Effekte das Heilfasten auf unseren Körper haben kann. Viele der Patienten profitieren noch drei bis sechs Monate nach dem eigentlichen Aufenthalt von den Ergebnissen.

Danke, Frau Junghans, für die interessanten Einblicke in die Welt des Heilfastens.

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